Mit Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind die ersten Bundesländer bereits in den Ferien. Bremen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen folgen in den nächsten Tagen. Doch was eigentlich eine unbeschwerte Zeit für die Familie sein sollte, ist für viele eine große Herausforderung. Denn Urlaub und Freizeit sind für viele Menschen in Deutschland längst keine Selbstverständlichkeit mehr.
Eine aktuelle Umfrage des Sozialverbands Deutschland (SoVD) aus dem Juni 2025 zeigt: Über ein Drittel der erwerbstätigen Befragten kann sich Urlaub finanziell nur schwer oder gar nicht leisten. Fast die Hälfte gibt an, beim diesjährigen Urlaub sparen zu müssen. Der Trend macht deutlich: Die Erholung, die eigentlich zur Lebensqualität und Gesundheit beiträgt, bleibt immer mehr Menschen verwehrt.
Freizeit für Familien kaum bezahlbar
Besonders deutlich wird die soziale Schieflage bei Familien mit Kindern: Mehr als 20 Prozent der befragten Eltern von Kindern bis 18 Jahren gaben an, dass sie sich klassische Ferienaktivitäten wie Schwimmbad, Zoo oder Kino nur schwer oder sehr schwer leisten können. Die Zahlen decken sich mit offiziellen Statistiken: Rund jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Konkret äußert sich das in eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten und fehlender Teilhabe.
Junge Menschen besonders stark betroffen
Die finanzielle Belastung durch Urlaubs- und Freizeitkosten trifft vor allem junge Erwachsene zwischen 18 und 29 Jahren. In dieser Altersgruppe sagen knapp 40 Prozent, dass sie sich Urlaub nur schlecht oder gar nicht leisten können.
Die Umfrage zeigt zudem einen engen Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Urlaubsmöglichkeiten: Während über 70 Prozent der Menschen mit Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss große finanzielle Hürden sehen, sind es bei mittlerem Bildungsabschluss knapp die Hälfte. Selbst unter Menschen mit Abitur gibt mehr als jeder Vierte an, dass Urlaub kaum machbar ist.
SoVD warnt vor Ausgrenzung und Vertrauensverlust
„Wenn Erholung und gesellschaftliche Teilhabe für viele zum Luxus wird, läuft etwas gewaltig schief“, warnt SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. Die Krisen der letzten Jahre – Pandemie, Ukrainekrieg, Inflation – hätten die finanzielle Lage breiter Bevölkerungsschichten verschärft. Engelmeier betont: „Das betrifft längst nicht mehr nur Menschen mit Grundsicherung, sondern auch die breite Mitte.“ Der soziale Zusammenhalt sei in Gefahr, wenn ganze Bevölkerungsgruppen das Gefühl entwickelten, dauerhaft abgehängt zu sein.
Der SoVD fordert entschlossenes Handeln
Angesichts der alarmierenden Ergebnisse richtet der SoVD klare Forderungen an die Politik: Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssten gezielt entlastet werden. Kultur-, Freizeit- und Bildungsangebote sollten so gestaltet sein, dass sie allen offenstehen – unabhängig vom Geldbeutel. Auch bei Energie, Mobilität und Grundbedarf müssten Preissteigerungen begrenzt werden.
Darüber hinaus fordert der Verband Investitionen in soziale Infrastruktur, mehr bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum, einen armutsfesten Mindestlohn sowie eine stärkere Tarifbindung. Nicht zuletzt brauche es bessere Rahmenbedingungen, damit Menschen Familie und Beruf besser vereinbaren und ihre Arbeitszeit ausweiten können – dort, wo sie es möchten.
„Jetzt ist die Politik gefragt“, so Engelmeier. „Nur mit spürbaren Maßnahmen lässt sich die wachsende soziale Spaltung aufhalten.“