Im Parlamentsrestaurant des Bundestags drehte sich am frühen Morgen alles um Themen, die sonst oft untergehen: Armut, Pflege, Inklusion und die Zukunft des Sozialstaats. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hatte zum politischen Frühstück geladen – mit starken Botschaften und klaren Erwartungen an die Politik.
Der Schirmherr Michael Thews, SPD-Bundestagsabgeordneter, begrüßte die Gäste aus allen demokratischen Fraktionen des Bundestags. Als SoVD-Mitglied und Ehemann der SoVD-Vorstandsvorsitzenden Michaela Engelmeier ist er mit der Arbeit des Verbandes gut vertraut. In seinem Wahlkreis in Nordrhein-Westfalen biete der SoVD vielen Menschen konkrete Hilfe. „Der SoVD ist für viele Menschen im Wahlkreis ein wichtiger Ansprechpartner – bei ganz konkreten Fragen rund um Rente, Pflege oder Hilfsmittel“, führte er aus.
Michaela Engelmeier: Soziale Themen kommen bei Regierung bisher zu kurz
Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des SoVD, dankte für das große Interesse und begrüßte unter den Gästen unter anderem SPD-Chefin Saskia Esken, Kerstin Griese (Parlamentarische Staatssekretärin für Arbeit und Soziales) und ihren Kollegen Johann Saathoff (Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Auch die frühere Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) war unter den Gästen.
Engelmeier nutzte die Gelegenheit, um eine erste Bilanz nach dem Regierungswechsel in Berlin zu ziehen: „Nach 50 Tagen schwarz-roter Koalition stellen wir fest: Die Themen soziale Gerechtigkeit kommen bislang etwas zu kurz. Gerade bei Arbeitnehmerrechten, Inklusion und Pflege sehen wir dringenden Handlungsbedarf.“
Sie erinnerte daran, wofür der SoVD seit über 100 Jahren steht: für eine gerechte Gesellschaft, die niemanden ausschließt. Auch angesichts der Weltlage dürften soziale Themen nicht im Nachrichtenstrudel untergehen, mahnte Engelmeier. Und weiter: „Aus den Krisen kommen wir nur mit guter Sozialpolitik.“
In ihrer Vorstellung des Verbands betonte sie den Dreiklang der SoVD-Arbeit: sozialpolitische Interessenvertretung, kompetente Sozialberatung bis vor das Bundessozialgericht und ein starkes Ehrenamt. Der SoVD sei ein Mitmachverband – offen für alle Generationen, parteipolitisch unabhängig und mit klarer Kante gegen rechts: „Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen wir kategorisch aus.“ Diese Aussage wurde mit lautstarkem Applaus quittiert.
SoVD steht für eine solidarische Gesellschaft
Fabian Müller-Zetzsche, Leiter des SoVD-Referats Sozialpolitik, sprach über den Wertekanon des Verbands: „Wenn wir gefragt werden, in was für einer Gesellschaft wir leben möchten, ist unsere Antwort eindeutig: In einer solidarischen – in der Junge für Alte, Reiche für Arme und Gesunde für Kranke einstehen.“
Er stellte klar: Der SoVD teilt viele gängige neoliberale Narrative nicht. „‚Jeder ist seines Glückes Schmied‘ – das mag für manche gelten, aber für viele eben nicht. Für Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen ist das schlicht zynisch“, so Müller-Zetzsche. Auch den Satz „Deutschland lebt über seine Verhältnisse“ wies er zurück, denn im europäischen Vergleich liegen die Sozialausgaben im Mittelfeld.
Dringende Probleme bei Pflege und Rente lösen
Inhaltlich forderte er eine verbindliche Verpflichtung der Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit, kritisierte die chronische Unterfinanzierung der Pflege und betonte die Bedeutung einer solidarischen Rentenpolitik. Er begrüßte die angekündigten Verbesserungen durch die anstehende Rentenreform, durch die das Rentenniveau vorerst stabilisiert und die Mütterrente ausgeweitet wird. Pflegende Angehörige seien vielerorts am Limit, so Müller-Zetzsche. „Viele gehen auf dem Zahnfleisch, sie brauchen endlich echte Entlastung.“
Im Gesundheitsbereich mahnte er zur Eile, um den Anstieg der Krankenkassenbeiträge schnell zu stoppen. Dieser belaste vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Der Aufbau eines Hausarzt-Systems biete Chancen für ein effizienteres Gesundheitssystem.
SoVD stiftet Gemeinschaft vor Ort
In der abschließenden Diskussion meldete sich Johann Saathoff zu Wort – nicht nur als Parlamentarier, sondern auch als SoVD-Mitglied – und ging auf die Rolle des Verbandes in seinem ostfriesischen Wahlkreis ein: „Der SoVD hilft nicht nur im Antragsdschungel, er stiftet auch Gemeinschaft: mit gemeinsamen Fahrten, Veranstaltungen und Begegnungen.“ Und: „Ohne einen starken Sozialstaat kann es keine stabile Wirtschaft geben. Diese Erkenntnis ist uns leider etwas verloren gegangen. Hier braucht es mehr gemeinsame Stimmen aus der Zivilgesellschaft.“
Auch die Referentinnen und Referenten der SoVD-Abteilung Sozialpolitik kamen zu Wort: Sie sprachen über notwendige Reformen beim Mindestlohn, über die Lage von Menschen mit Behinderungen und über die immense Belastung pflegender Angehöriger. Der Austausch zeigte: Sozialpolitik ist keine Nebensache, sondern die Grundlage für gesellschaftlichen Zusammenhalt.
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